Die Favelaräumung
an der ART im Juni 2013, die Erstürmung der Nestlé-kritische Flugblattaktion
im Inneren des Unihauptgebäudes, die hysterische Razzia gegen ein paar harmlose Papptellertragende und unbeteiligte Umstehende
am Freitag an der ART 2014 (inkl. die
polizeiliche Domestikation des Wagenplatzes):
Und ist es vielleicht auch Wahnsinn, so hat es eventuell doch Methode. Vielleicht benutzten Polizei und Regierung unsere Bürgerrechte als Crash Test Dummies. Sie fahren unsere Versammlungs- und Meinungsäusserungsfreiheit punktuell gegen die Wand. Und beobachten, wie wir auf die Nadelstiche reagieren.
Warum?
Weil erstens am 4. Dezember im Rahmen der zweitägigen
OSZE-Ministerratskonferenz Aussenminister und -innen aus 57 Ländern, darunter 4 der 5 ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates,
in der Safran Zunft an der Gerbergasse in Ruhe dinieren können sollen.
Und weil, zweitens, Basel
- "sich als internationaler Kongressort etablieren und festigen möchte,
- den 1200 Teilnehmenden Basel als lohnenswerte Destination nachhaltig näher bringen will
- den Bund überzeugen will, dass der Entscheid, die Konferenz für einmal nicht in Genf, sondern in Basel durchzuführen, richtig und auch für zukünftige internationale Konferenzen eine lohnenswerte Alternative ist"
wie
die Regierung in ihrem entsprechenden Ratschlag festhält (der Grosse Rat hatte
am 23. Oktober 2013 mit 75:7 dazu Ja gesagt).
In Ruhe dinieren und Basel als Konferenzort profilieren: zunächst mal legitime Anliegen. Und die OSZE hat sicher
ihre Verdienste um das politische Klima in Europa.
Und unmittelbar vor dem auf den 4. & 5. Dezember angesetzten Ministertreffen, findet am
am 2. & 3. Dezember in Basel zudem eine vermutlich interessante "Konferenz der Zivilgesellschaft" statt, mit deren Organisation der Bundesrat die
Schweizerische Friedensstiftung Swisspeace
beauftragt hat.
Legitim?
Bis 5'000 Soldaten und hunderte von Polizisten
aus der Nordwestschweiz in der und um die Stadt, Nachrichtendienste, Grenzwachtkorps und Luftwaffe im Alarmzustand, Drohnen am Himmel: Legitimieren diese polizeilichen und militärischen Herausforderungen für diese, auch nach Basler Massstäben, riesige Kiste die vorgelagerten polizeilichen Machtdemonstrationen und Fingerübungen in "Aufstandsbekämpfung", wie wir sie in den letzten 12 Monaten an verschiedenen Orten in Basel beobachteten?
Sollen diese uns gewöhnen an die Konsequenzen daraus, dass Teile Basels künftig mehr oder weniger regelmässig zum polizeilichen und militärischen Sperrgebiet erklärt werden, weil die Stadt sich mit der OSZE-Konferenz dem Bund möglicherweise erfolgreich als "lohnenswerte Alternative" "auch für zukünftige internationale Konferenzen" empfiehlt, wie es die erklärte Absicht von Regierung und "Stadtmarketing" ist?
Zivilgesellschaft vs. Aussenpolitik
Den zivilgesellschaftlichen Teil der Veranstaltung stellt sicher niemand in Frage. Der käme garantiert auch ohne repressive Begleitmusik der Polizei- und Militärkapellen aus! Swisspeace als Organisatorin bürgt für einen unaufgeregten, konstruktiven und friedlichen Ablauf.
Wo aber die offiziellen Repräsentanten der Aussenpolitik von u.a. USA, Grossbritannien, Russland, Frankreich (4 ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrates), Türkei, Ukraine, Deutschland
etc., samt Entourage, gemeinsam an einem Ort auftauchen, muss sich niemand wundern, wenn da und dort ein versprengter Aktivist ein Flugblatt ans Publikum bringen wollen wird, das den einen oder anderen Missstand anprangert, für den diese Damen und Herren - zumindest in seiner Interpretation - direkt verantwortlich sind...
Die Lehre aus den letzten 12 Monaten ist:
Jeder Versuch in diese Richtung wird im Keime erstickt werden. Wer am 4. oder 5. Dezember 2014 auf öffentlichem Grund in Basel am falschen Ort zum Beispiel USA- oder Russland-kritische Information verteilen möchte, oder in den 48 Stunden am falschen Ort zu mehrt als zu zweit zusammensteht und - worst case! - ein Transparent hochhält, wird sich umgehend
nackt im Keller des Waaghofs wiederfinden!
Das ist der Tarif, den Baschi Dürr und Konsorten in den letzten 12 Monaten implizit durchgaben.
Die Frage also ist:
Wer garantiert die in
Punkt 7 der Schlussakte von Helsinki festgelegten Rechte und Freiheiten in Basel-Stadt während der Anwesenheit der OSZE-Aussenminister? Guy Morin???
Beobachtet: Polizeihelikopter & Scharfschützen in SO und BL
Eher zufällig wurden vor kurzem übrigens Simon Gerber und sein Bekannter Zeugen weiterer, tatsächlicher Übungseinsätze (nicht mutmasslicher, wie jener der baselstädtischen Polizei gegen Flugblatt- und Papptellerverteiler...). Mit seinem Einverständnis gebe ich hier seine Darstellung auf facebook wieder:
Während ich gemeinsam mit meinem Freund in Liestal in den letzten Tagen und Wochen in Interviews die OSZE-Mission in der Ostukraine deutlich und klar kritisierte, führte die Basler Polizei am Tag vor dem Erscheinen des zweiten dieser Berichte [Anm. d. Red.: also am Freitag, dem 20.6.] mit modernsten Militär-Eurocoptern [typähnlich obiges Bild] Übungen durch.
Einer kreiste südöstlich des Hauses, einer nordwestlich des Hauses während fast einer halben Stunde, - zuerst bei mir in Holderbank SO, eine Stunde später genau über dem Haus meines Freundes in Liestal, ebenfalls genau über dem Haus.
Bei mir landete einer der beiden Eurocopter, eine Gruppe Polizisten stieg aus dem mit POLIZEI beschriebenen Eurocopter aus – immer auf Schussweite von meinem Haus entfernt – und einer der Ausgestiegenen trug ein Scharfschützengewehr mit sich.
Der Polizeinotruf von Baselland bestätigte mir, es sei irgendeine Übung im Gang. Ich wurde netterweise mit dem Übungsleiter telefonisch direkt verbunden. Ich fragte nach, ob ich mir wohl Sorgen machen müsse, ob sie wohl einen sehr schlimmen Verbrecher suchen würden. Nein nein, das sei eine inter-kantonale Übung im Hinblick auf das geplante OSZE-Treffen in Basel. Ich fragte noch nach, wie die Polizei denn zu so schönen hochmodernen Eurocoptern komme. Die würden jeweils "zugemietet" hiess es.
Mit meinem Freund hab ich dann lange die Frage reflektiert, ob das jetzt Zufall war, dass genau an diesem Tag, an dem wir telefonisch das OSZE-kritische Interview für die az-Medien besprechen, sowohl, bei meinem Haus und auch bei seinem Haus, zwei Polizeihelikopter auftauchen, und man dann auch noch erfährt, dass dies eine Übung im Zusammenhang mit einem OSZE-Treffen in Basel ist. Alles Zufall.....
Unglücklicher Zufall oder von
NDB/
NSA-Abhörmitteln gesteuerter Einschüchterungsversuch: Jedenfalls reichlich Material für Spekulationen.
Sollen sie doch üben mit ihren Helikoptern! Aber warum die Geheimniskrämerei darum? Oder haben Sie in Ihrem Briefkasten ein Infoblatt gefunden, das über entsprechende Belästigungen in den kommenden Wochen und Monaten informiert? Was das baselstädtische Bau- und Verkehrsdepartement vorbildlich tut für fast jede noch so kleine Baustelle, wäre vielleicht im Vorfeld des Monsteranlasses Anfang Dezember auch mal angezeigt.
Wobei: Ein Infoblatt aus dem Departement Dürr ungefähr des Inhalts...
Liebe EinwohnerInnen!
Möglicherweise werden Sie in den nächsten Monaten überraschend und grundlos verhaftet. Beachten Sie: Es hat nichts mit Ihnen zu tun. Auch nicht mit Kafka. Aber irgendwo müssen wir für das Ministertreffen üben, die Party Pooper zu verhaften. Wir wissen, Sie gehören sicher nicht zu denen. Nehmen Sie drum Ihre Verhaftung nicht persönlich!
Denken Sie immer daran: Auch Sie werden in Zukunft profitieren von ähnlichen Grossanlässen in unserer schönen Stadt. Aber nur, wenn uns allen Anfang Dezember die Gastgeberrolle gut gelingt. Helfen Sie drum mit! Leisten Sie keinen unnötigen Widerstand!
...will man eigentlich gar nicht im Haus.
Anfang Juni hatte der Kanton übrigens das Kleinbasel
zur Informationsveranstaltung eingeladen.