Markus Somm, Chefredaktor der Basler Zeitung, Historiker und Blocher-Biograf ist ein grosser Kämpfer für den uneingeschränkten Liberalismus und – oft genug im Widerspruch dazu – gegen alles, was von aussen her gegen die Mauern der Schweiz prasselt. Und er liebt es, Widerspruch zu erzeugen. So sehr, dass er sich, wenn ihm für einmal keine aktuellen Themen einfallen, zu abenteuerlichen bis abstrusen Abstecher in die Geschichte aufmacht.
So geschehen vor einer Woche, als er – der Historiker – den Ursprung im ewigen, aktuell durch den Bankenstreit angeheizten Konflikt zwischen der Schweiz (gemeint ist natürlich v.a. die Deutschschweiz) und Deutschland im Konflikt der Zwinglianer und Lutheraner zu orten versuchte. Und damit bei wirklichen Spezialisten nur Kopfschütteln auslöste. So etwa beim emeritierten Basler Theologieprofessor und Kirchengeschichtler Ulrich Gäbler, der Somm entgegenhielt:
"Der Versuch von Markus Somm, die Entstehung eidgenössischen Bewusstseins und die Förderung der Nation mit der Religion in Beziehung zu setzen, scheitert an den Tatsachen."
Das ist noch einer der zurückhaltender formulierten Sätze. Als Geschichtsstudent wäre Somm durchgefallen. Das bestätigt auch die zweite Replik des aktuellen Ordinarius für Kirchen- und Theologiegeschichte an der Theologischen Fakultät der Universität Basel, Martin Wallraff:
"Auf keinen Fall sollte man noch im 21. Jahrhundert diese religiösen Debatten national deuten. Das ist im 19. Jahrhundert bis zum Überdruss geschehen, und es war im 20. Jahrhundert ein langer und schmerzlicher Lernprozess, in dem Kirche und Gesellschaft sich klarmachen mussten, wie falsch und schädlich eine solche Deutung ist. (...) Vollends abwegig ist sodann Markus Somms Darstellung der «Erfolgsgeschichte» des reformierten Modells als eine «Schweizer Errungenschaft»."
Man könnte nun meinen, dass diese Grundsatzrügen den Drang Somms zu abeteuerlichen Ausflügen in absurde Untiefen der Geschichte hemmen würden. Doch dem ist nicht wirklich so. In der heutigen Ausgabe der "Basler Zeitung" hat macht er sich zu einer weiteren Reise in solche Gefilde auf und vollzieht eine
akrobatische Volte vom Falklandkrieg über "Star Wars" bis zur Schweizer FDP. Darin schreibt er unter anderem:
"Wenn es in der jüngsten Vergangenheit einen gerechtfertigten Krieg gegeben hat, dann vielleicht dieser scheinbar operettenhafte Einsatz im Südatlantik."
(Mit 649 demnach "gerechtfertigt" getöteten Argentinieren.)
Und schliesst daraus:
"In der Politik ist die Emotion aber sehr viel wichtiger als manche Politologen das den Politikern zugestehen möchten. Nichts befeuert die Menschen mehr als Werte, für die sie zu kämpfen bereit sind: wie Freiheit, wie die Familie oder die Nation. Und keine Partei hat sich mehr als ein Jahrhundert lang so wie die FDP als die schweizerische Kraft schlechthin betrachtet; keine war patriotischer, keine nationaler – bis sie diese Kernkompetenz vor wenigen Jahren vollkommen der SVP überlassen hat."
Was soll man dazu noch sagen?